Hier hat der Bundeskanzler recht: Es geht um Charakter. Und die Fakten zählen. Bürger und Medien haben es seiner Ansicht nach offenbar nur noch nicht begriffen, dass die Ampel schon das wirksamste Grenzsicherungsregime geschaffen hat und dass der Ukrainekrieg dank des Kanzlers besonnener Führung demnächst in Friedensgesprächen im Beisein des Aggressors einschlafen wird.
Nein, umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Regierung wird nicht schlechtgemacht, sondern sie ist nicht in der Lage, dem Ernst der Lage angemessen zu handeln und diesen Ernst und ihr Handeln auch zu vermitteln. Es stimmt, künftig werden Koalitionen zwischen Parteien, die ursprünglich miteinander nicht viel zu tun haben wollten, eher die Regel sein – das gilt auch für die Union, wie gerade zu besichtigen ist.
Umso mehr ist politische Führung gefragt. Olaf Scholz ist nicht für jede Äußerung aus seiner „Fortschrittskoalition“ verantwortlich, wohl aber für Regierungspolitik und Erscheinungsbild der Ampel. Es liegt zuerst an ihm, den angeblichen „Defätismus“ zu beseitigen.
Der stete Hinweis auf Sünden ist keine Politik
Ohne Zweifel sind die Herausforderungen groß, und man will sich auch beileibe nicht jeden Scholz-Kritiker als Kanzler vorstellen. Wahr ist auch, dass die heutige Opposition unter der Führung von Angela Merkel verantwortlich ist für eine staatsvergessene Einladungspolitik für alle Welt, die auf Kosten der eigenen Bürger bis heute fortwirkt. Horst Seehofer liegt nicht falsch, wenn er die damalige Kanzlerin auch für den Aufstieg der AfD in Haftung nimmt, die sich vor der Flüchtlingskrise eher im Siechtum befand.
Der stete Hinweis auf Sünden, aber auch auf Erfolge der Vergangenheit ist freilich noch keine Politik. Wenn man manchen Politikern von SPD, Grünen und FDP beim Wehklagen zuhört, vergisst man fast, wer gerade an der Macht ist. Insbesondere der Kanzler darf nicht ausweichen. Die Deutschen haben durchaus schon gezeigt, dass sie Zeitenwende können. Olaf Scholz und seine Ampel noch nicht. Bald ist keine Zeit mehr für eine Wende.
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