SPD in ersten Hochrechnungen knapp vor der AfD

3291e62b 629b 49d2 Bd2e Cfd585a9be60.jpeg

Die bundesweit vielleicht wichtigste Wahl des Jahres 2024 ist entschieden: die Landtagswahl in Brandenburg. Dieses Bundesland ist das letzte Stammland der SPD – und so wird die Wahl vom Sonntag wohl über die Zukunft von Bundeskanzler Olaf Scholz mitentscheiden. Seit Wochen lief im Land Brandenburg alles auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen AfD und SPD hinaus und zum Schluss setzte Regierungschef Dietmar Woidke alles auf die persönliche Karte: Ich oder die AfD.

Nach der ersten Hochrechnung des ZDF von 18.48 Uhr schafften es am Sonntag vier Parteien sicher ins Potsdamer Parlament: SPD, AfD, CDU und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Laut Prognosen könnte die AfD auf 29,2 Prozent kommen. Aber die SPD liegt mit 31,8 Prozent vorn. Ebenfalls eng wird es beim Kampf um Platz drei. Dort könnte das BSW laut Prognose 12 Prozent einfahren und stünde damit gleich auf mit der CDU mit 11,6 Prozent. Klar positiv war die hohe Wahlbeteiligung mit 46 Prozent bis 14 Uhr, das waren fast 15 Punkte mehr als bei der Wahl davor.

Warum der Kampf um Platz eins so wichtig ist

Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und AfD: Für die SPD ist es ein klarer Erfolg verglichen mit den einstelligen Ergebnissen in Sachsen und Thüringen. Aber noch ist nicht ganz sicher, ob Dietmar Woidke, der Brandenburg seit elf Jahren regiert, sein eigentliche Wahlziel schafft: Platz 1. Im Wahlkampf hatte er seine politische Zukunft ganz klar davon abhängig gemacht, ob er den ersten Platz für seine SPD erobern kann. Die Sozialdemokraten haben in Brandenburg alle sieben vorherigen Landtagswahlen gewonnen und stellen seit dem Ende der DDR den Regierungschef. Noch vor der ersten Hochrechnung ließ sich Woidke von seinen Genossen feiern. Er sagte: „Unser Ziel war von Anfang an, dass unser Land keinen braunen Stempel bekommt.“ Er gab sich noch vorsichtig, ob er tatsächlich vorn bleibt und gab und sagte: „Es scheint so zu sein, wie so oft in der Geschichte, dass es wiederum Sozialdemokraten waren, die Extremisten auf ihrem Weg zur Macht gestoppt haben.“ Er kündigte an, dass er zuerst mit der CDU über die Regierungsbildung sprechen will.

Die AfD, die in Brandenburg als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist, lag bei der vorherigen Wahl, 2019, noch 2,7 Prozentpunkte hinter der SPD. Vor der aktuellen Wahl führte sie die Umfragen seit Juli 2023 klar an und lag zu Höchstzeiten zwölf Prozentpunkte vor der SPD. Sie liegt leicht unter 30 Prozent und wäre sie klar schwächer als bei der Wahl in Thüringen. Die relative Schwäche führt die AfD in Brandenburg gern auf jene Leute zurück, die aus Berlin nach Brandenburg gezogen seien – und viel stärker links-grün wählten.


Bildstrecke

Für die CDU, die derzeit in Brandenburg mit der SPD und den Grünen eine Kenia-Koalition bildet, kommt das Ergebnis einem Desaster gleich. In Thüringen kam sie auf 23 Prozent, in Sachsen auf 32 Prozent. Im Bund steht sie stabil bei mehr als 30 Prozent in Umfragen. In Brandenburg wird sie nicht mal die Hälfte gesehen. Das schlechte Abschneiden der Christdemokraten in Brandenburg liegt nicht in erster Linie daran, dass Polizisten den Spitzenkandidaten Jan Redmann in Wahlkampfzeiten bei einer Alkoholfahrt mit einem E-Roller erwischt haben. Es liegt eher daran, dass die SPD in Brandenburg nie besonders links war oder hart ideologisch, sondern schon immer recht pragmatisch agierte und eher konservativ ist und volksnah. Damit ließ sie den Christdemokraten weniger Raum. Die CDU war unter ihrem langjährigen Chef Jörg Schönbohm zwar besonders konservativ, konnte dann aber der AfD wenig entgegensetzen.

Das BSW hat keine Direktkandidaten

Das BSW hat es gerade so geschafft, rechtzeitig zur Wahl eine eigene Landesliste aufzustellen und wird nun wohl ähnlich stark wie die Regierungspartei CDU. Wie eng es zeitlich mit der Gründung des Landesverbandes in Brandenburg war, zeigt sich daran, dass das BSW es nicht geschafft hat, eigene Direktkandidaten aufzustellen.

Völlig offen war kurz nach Schließung der Wahllokale, ob nun nur diese vier Parteien in den Landtag kommen. Die Grünen als Regierungspartei lagen laut Prognosen an der Fünf-Prozent-Hürde, klar darunter die Linke und BVB/Freie Wähler. Allerdings wäre für alle drei auch ein Einzug möglich, wenn sie ein Direktmandat erringen. Die Freien Wähler hatten bei der Wahl 2019 nicht nur ganz knapp die Fünf-Prozent-Hürde geschafft, sondern mit ihrem Vorsitzenden Péter Vida in Bernau bei Berlin auch ein Direktmandat gewonnen. Vida wollte das auch bei dieser Wahl wiederholen. Die Erststimmen wurden allerdings erst nach den Zweitstimmen ausgezählt.

Die Grünen, die derzeit noch mitregieren, hatten bei der Wahl 2019 ebenfalls ein Direktmandat in Potsdam errungen, auch Marie Schäffer wollte den direkten Einzug dieses Mal wiederholen. Dann würden auch die Prozente ihrer Partei zählen und sie würden mit mehreren Abgeordneten ins Parlament kommen. Außerdem rechnete sich die Linke, die in Brandenburg auch mal zehn Jahre lang mit der SPD regiert hat, noch eine kleine Chance über ein Direktmandat aus: Sie schickte in Märkisch-Oderland erneut Kerstin Kaiser ins Rennen, die dort viermal das Direktmandat gewonnen hatte.

Die Regierungsbildung wird schwierig, egal, wie viele Parteien ins Parlament kommen. Sicher ist, dass bislang niemand mit der AfD koalieren will, obwohl sie im Falle des Wahlsiegs allen Parteien Gespräche anbieten will. Als sicher gilt auch, dass die SPD wohl weiter die neu zu schmiedende Anti-AfD-Regierung anführen wird – auch wenn Dietmar Woidke angekündigt hat, dass er dieser Regierung als Zweitplatzierter nicht mehr angehören werde.

Source link

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *