Trotz scharfer Kritik aus den USA hat die israelische Armee erneut Ziele in der libanesischen Hauptstadt Beirut angegriffen. Auch im Süden des Libanon flog das Militär Angriffe. Die Behörden melden 25 Tote.
Zum ersten Mal seit knapp einer Woche haben israelische Militärflugzeuge Ziele in den südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt Beirut angegriffen.
Israels Militär erklärte, der Angriff habe ein Waffenlager der militant-islamistischen Hisbollah unter einem Wohngebäude getroffen. Die israelischen Streitkräfte hatten auf der Online-Plattform X vorher eine Evakuierungswarnung veröffentlicht, in der ein Angriff auf ein Gebäude im Viertel Haret Hreik angekündigt wurde. Ein Augenzeuge berichtete der Nachrichtenagentur AP, es habe drei Angriffe in der Gegend gegeben. Der erste Angriff erfolgte weniger als eine Stunde nach der Warnung.
Die genaue Zahl der Todesopfer durch die heutigen Angriffe ist unklar. Das libanesische Gesundheitsministerium und der Zivilschutz sprachen von mindestens 25 Toten. Mindestens 52 Menschen seien verletzt worden.
USA kritisieren Israels Angriffe scharf
Die US-Regierung hatte zuvor Luftangriffe des israelischen Militärs auf Ziele in Beirut ungewöhnlich deutlich kritisiert. “Wir haben Israel unmissverständlich mitgeteilt, dass wir ihre fast täglichen Angriffe in dicht besiedelten Gebieten in Beirut ablehnen”, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby. Israel habe zwar das Recht, “gezielte Einsätze” gegen die Infrastruktur der proiranischen Hisbollah-Miliz durchzuführen, müsse dabei aber auch sicherstellen, dass das Leben von Zivilisten, UN-Blauhelmsoldaten und libanesischen Streitkräften nicht gefährdet werde – wie es bereits geschehen sei.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte die Evakuierungswarnungen des israelischen Militärs zuletzt als unzureichend und in manchen Fällen irreführend kritisiert.
Seit September bombardierte Israel zahlreiche Ziele in den südlichen Vororten Beiruts und tötete dabei auch mehrere Hisbollah-Anführer. Die dicht besiedelten Viertel, bekannt unter dem Namen Dahija, gelten als Hochburgen der Hisbollah-Miliz. Auch im Zentrum Beiruts gab es vereinzelt Luftangriffe.
Offenbar Bürgermeister getötet
Eine Reihe von israelischen Angriffen wird für die Stadt Nabatieh im Süden des Libanon gemeldet. Gouverneurin Howaida Turk sagte, es habe mindestens elf Angriffe auf die Stadt und ihre Umgebung gegeben. Unter den Toten soll sich auch der Bürgermeister befinden.
Der libanesische Regierungschef Nadschib Mikati warf Israel vor, vorsätzlich ein Treffen des Stadtrats von Nabatieh angegriffen zu haben, in dem es um Hilfseinsätze gegangen sei. Mikati beschuldigte die internationale Gemeinschaft, israelische Angriffe auf Zivilisten totzuschweigen.
Das israelische Militär erklärte, es habe in Nabatieh “Dutzende terroristische Ziele der Hisbollah” getroffen.
Die UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, mahnte nach den Angriffen den Schutz von Zivilisten und ziviler Infrastruktur an.
USA drohen mit Kürzung der Militärhilfe
Die USA kritisierten nicht nur israelische Angriffe im Libanon, sie äußerten auch mit Blick auf die immer schlechter werdende humanitäre Lage im Gazastreifen deutliche Kritik – und erhöhten den Druck: Sollte sich die Situation für die Menschen in dem abgeriegelten Küstenstreifen nicht innerhalb von 30 Tagen spürbar verbessern, drohe ein Verstoß gegen US-Gesetze zur militärischen Unterstützung, hieß es aus Washington. Das könnte auch die amerikanische Militärhilfe für Israel gefährden.
Die jüngsten Bilder von einem Angriff der israelischen Streitkräfte auf ein Krankenhausgelände im Gazastreifen seien “entsetzlich”, sagte Sicherheitsratssprecher Kirby.
Das US-Außenministerium bestätigte Medienberichte über einen Brief, in dem US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin ihre “tiefe Besorgnis” über die humanitäre Lage in Gaza äußerten und “dringende und nachhaltige Maßnahmen” seitens der israelischen Regierung forderten.
Welche konkreten Konsequenzen die US-Regierung ziehen könnte, sollte Israel der Aufforderung nicht nachkommen, ist unklar. Es gehe nicht “um irgendwelche Drohungen”, sagte ein Sprecher des Außenministeriums, sondern um “Ergebnisse” für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen.
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