Limos, Säfte und Energy-Drinks sind zu stark gesüßt. Das hat der Verbraucherverein Foodwatch in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie herausgefunden, bei der Kinder- und Jugendgetränke auf ihren Zuckergehalt untersucht wurden. Um gesundheitliche Schäden bei Kindern und Jugendlichen zu reduzieren, fordern die Verbraucherschützer erneut eine Limonadensteuer.
Laut Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte sollten Kinder und Jugendliche idealerweise nicht mehr als 25 Gramm Zucker pro Tag zu sich nehmen. Luise Molling von Foodwatch sagt: „Viele Getränke, die wir unter die Lupe genommen haben, überschreiten diesen Wert um ein Vielfaches“. Untersucht wurden sämtliche Getränke, deren Verpackungen Kinder und Jugendliche ansprechen sollen. Das geschehe beispielsweise durch den Aufdruck von Tieren und Comicfiguren oder durch eine besonders „coole Produktgestaltung“, erläutert Molling. „Dazu gehören etwa Limonaden, Fruchtsäfte, Energydrinks, Mineralwasser und Eistees.“ Milchbasierte Getränke wurden bei der Studie nicht berücksichtigt.
Im Durchschnitt enthalten 250 Milliliter Kindergetränk 6,5 Zuckerwürfel
Die Ergebnisse zeigen, dass 57 Prozent der Kindergetränke mit einem Zuckergehalt von über acht Gramm je 100 Milliliter stark überzuckert sind. Spitzenreiter ist hier, laut Foodwatch, der Energy-Drink „Guava Flavour“ der Lidl-Eigenmarke „Kong Strong“. Der enthält 15,6 Gramm Zucker auf 100 Milliliter, was pro Dose etwa einem Zuckergehalt von 26 Zuckerwürfeln entspricht. „Damit nimmt ein Teenager mit einer Dose etwa dreimal so viel Zucker auf, wie er maximal an einem Tag konsumieren sollte“, erklärt Molling.
Besonders bei Kindern seien laut Studie Getränke in Trinkpäckchen beliebt. „Häufig bekommen sie solche mit in die Schule gegeben“, sagt Molling. Auch diese haben jedoch einen hohen Zuckergehalt: durchschnittlich etwa 8,6 Prozent. Die Foodwatch-Studie zeigt zudem, dass nur vier der 136 getesteten Produkte (drei Mineralwasser und ein Nektar) einen grünen Nutri-Score (A oder B) erhalten würden. 23 Prozent würden mit einem gelben „C“ gekennzeichnet werden. Lediglich drei der 136 Kindergetränke enthalten weder Zucker noch Süßstoffe, die durchschnittliche Anzahl der Zuckerwürfel pro 250-Milliliter-Glas Kindergetränk liegt bei 6,5.
Während die Grünen für eine Limosteuer sind, wehrt sich das FDP-Finanzministerium dagegen
Das hat Auswirkungen auf die Gesundheit der Kinder. Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung Stoffwechsel und Ernährung an der Kinderklinik der Universität München, sagt: „Zuckerhaltige Getränke sind ein großer Risikofaktor, der jedoch auch einfach zu beeinflussen wäre.“ Gefährlich seien die Getränke, weil der Zucker besonders schnell ins Blut gelange und die Insulinausschüttung Fettablagerung fordere. „Das Risiko für Zuckerkrankheiten wie Übergewicht, Diabetes oder Herzkrankheiten ist enorm groß“, sagt der Experte. „Kinder müssen mehr Wasser trinken und weniger Zucker.“ Zudem rät er, Kinder sollen nicht mehr als zehn Prozent ihres Energieverbrauchs aus Zucker zehren. Wie viel Verzehr ist jedoch unbedenklich? „Es gibt dabei keine klare Grenze. Je weniger, desto besser.“ Auch Fruchtsäfte seien kritisch zu sehen, „die haben oftmals den gleichen Effekt wie Limonade.“
Was helfen könnte: „Aus unserer Sicht braucht es eine gestaffelte Steuer, die auch Säfte einbeziehen soll“, sagt Luise Molling. Die Verbraucherschützer fordern von der Bundesregierung eine Limonadensteuer nach britischem Vorbild. Sobald in Großbritannien die Schwelle von fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter überschritten wird, fällt eine Steuer an. Als Folge haben Hersteller den Zuckergehalt in ihren Getränken stark reduziert. Prompt sank dort auch der Zuckerkonsum von Kindern, sagt der Arzt Koletzko.
Zudem fordert Foodwatch effektive Werbeschranken für ungesunde Produkte sowie eine gesetzliche Altersbeschränkung für den Verkauf von Energy-Drinks. Es gehe primär darum, die Süßgewohnheiten der Kinder zu senken, erklärt Molling. In Deutschland steht die Limonadensteuer seit Längerem in Diskussion. Während sich Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) offen dafür zeigte, lehnt das FDP-geführte Finanzministerium sie ab.
Lebensmittelverband stemmt sich gegen die Studie von Foodwatch
Ähnlicher Meinung ist Geschäftsführer des Lebensmittelverbands, Christoph Minhoff. Er sagt: „Es gibt keine wissenschaftliche Grundlage, die belegt, dass eine Zuckersteuer oder Werbebeschränkungen tatsächlich zur Reduzierung von Übergewicht beitragen.“ Übergewicht habe viele Ursachen, zu denen nicht nur der Zuckerkonsum, sondern auch die Gesamtkalorienbilanz, Bewegung und andere Lebensstilfaktoren gehören. Bei der Kindergesundheit seien eine umfassende Aufklärung und Ernährungsbildung sowie flächendeckende Bewegungsförderung ausschlaggebend.
Leave a Reply