„Hart aber fair“: In Solingen-Sendung ist nur erstaunlich, was nicht passiert

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Manchmal sind die Dinge aufregend, die passieren. Manchmal ist der wahre Aufreger, was nicht stattfindet. Am Montag nach den Messermorden von Solingen sehen wir in der Montagsdiskussion „Hart aber fair“ keine Innenministerin Faeser. Wir sehen keinen Justizminister Buschmann. Wir sehen nicht ein einziges Regierungsmitglied, das bereit wäre, sich in einer Fernsehdiskussion vor die Öffentlichkeit zu stellen und Haltung zu zeigen. Jede Wette: Da wurden viele Politiker angefragt. Sie haben schlicht gekniffen. Das ist enttäuschend. Nein, das ist mehr: Es ist bitter.

Es wäre wichtig, es wäre charakterstark, sich der Stimmung in der Öffentlichkeit zu stellen. Wie die Stimmung ist? Der ARD-Montagstalk startet mit Sätzen aus Leipzig, wo demnächst der Landtag gewählt wird. „Das ist das Schlimme, dass nichts unternommen wird“, sagt eine Frau, „wir brauchen neue Gesetze“. Eine andere stellt fest: „Wir haben Angst. Das hat der AfD in die Karten gespielt. Wenn die Menschen sterben müssen, weil die Politik schläft, dann ist das ein absolutes No-Go.“

Die Grüne Göring-Eckardt fragt: „Wollen wir es viel, viel besser machen?“

Wenigstens Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, Grüne, hat den Wecker gehört. „Ja, wir machen das nicht gut mit dem Islamismus“, bekennt sie. Dann appelliert die 58-Jährige ans große, ganze Grundsätzliche: „Welches Land wollen wir sein? Wollen wir aufeinander losgehen? Oder wollen wir es viel, viel besser machen?“ Die Idee mit dem Bessermachen ist großartig. Das Problem bleibt der Weg. Moderator Louis Klamroth nennt der Grünen-Politikerin Möglichkeiten. Da gab es den Vorschlag des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, niemanden mehr aus Syrien und Afghanistan aufzunehmen. „Nein“, sagt Katrin Göring-Eckardt, „das ist zu pauschal.“

Klamroth verweist auf den Vorschlag der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, künftig konsequent auch nach Syrien und Afghanistan abzuschieben. Da erinnert sich die Grünen-Politikerin daran, dass so eine Abschiebung wirklich Gefährdete in Not bringen würde. Vieles besser machen? Da scheidet für Göring-Eckardt vieles aus. Besseres zu fordern, ist leicht. Besser machen, bleibt schwer.

Für die CDU wagt sich Wolfgang Bosbach in den Talk. Bosbach ist Ex-Vorsitzender des Innenausschusses. Er ist Ex-Mitglied des Bundestages. Er ist 72 Jahre alt, und er hat seine politische Karriere hinter sich. Sein Weg, vieles besser zu machen? Der ist ganz einfach. „Wir haben keine Grenze zu Afghanistan“, befindet Bosbach. Damit ist seine Lösung klar: Deutschland ist umgeben von sicheren Demokratien. Sollen Asylsuchende, sollen Flüchtlinge doch dort bleiben. Da hat es schon etwas Heuchlerisches, wenn Bosbach als Verfechter der schlichtmöglichen Lösung dann die große Forderung formuliert: „Die Menschen wollen nur gut regiert werden. Und das ist nicht zu viel verlangt.“

SPD-Mann meint: „Man bläst den Leuten Sand in die Augen!“

Präziser an der Praxis präsentiert sich Sebastian Fiedler. Der ist Bundestagsabgeordneter für die SPD. Der ist aber auch Kriminalbeamter. „Ich habe die Schnauze voll, dass wir wieder diese Debatten führen“, schimpft er in die Runde. Und er wirft die Frage auf, wie das Gerede übers große Irgendwieundsowieso auf die Angehörigen der Opfer von Solingen wirken mag: „Es laufen Debatten durcheinander, die mit diesem Fall nichts zu tun haben.“

Der Polizist und Politiker will es konkret: Vorratsdatenspeicherung, um Straftäter im Internet leichter ausmachen zu können. „Meine Wunschvorstellung wäre, dass im öffentlichen Raum Messer nicht erlaubt sind.“ Sebastian Fiedler hat aber auch schon gelernt: „Die meisten Zuschriften bekomme ich dann immer von apfelschälenden Menschen.“ An dem Punkt spötteln dann schon wieder die anderen Politiker in der Runde. „Millionen apfelschälender Menschen“, sagt Katrin Göring-Eckardt. „Aber denken Sie an Schraubenzieher!“, wirft Wolfgang Bosbach ein.

So läppert sich die ARD-Montagsdiskussion in die Belanglosigkeit. Schließen wir mit einem Satz des SPD-Politikers und Polizisten, schließen wir mit einem Satz von Sebastian Fiedler zur Instrumentalisierung des Messermordes von Solingen: „Das ist in hohem Maße dümmlich. Ich denke, was sich die Angehörigen denken, wenn solche Sprüche ins Land geblasen werden. Man bläst den Leuten Sand in die Augen. Das ist doch dämlich.“

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