Am Mittwochabend meldete Reuters, dass Deutschland seine „Kriegswaffenexporte“ nach Israel gestoppt habe. Die Nachrichtenagentur schrieb unter Berufung auf Regierungskreise, die Bearbeitung von Exportlizenzen für Waffen nach Israel sei aufgrund rechtlichen und politischen Drucks ausgesetzt worden.
Die Bundesregierung reagierte kurz darauf mit einem Dementi. „Es gibt kein deutsches Exportverbot für Waffen nach Israel“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Es gibt keinen Genehmigungsstopp für Rüstungsexporte nach Israel, und es wird auch keinen Stopp geben“, sagte auch ein Sprecher des zuständigen Wirtschaftsministeriums. Und ein Regierungssprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Es gibt keinerlei deutschen Waffenexport-Boykott gegenüber Israel.“
Hat die Bundesregierung gelogen?
Doch nun stellt sich die Frage, ob Reuters nicht doch Recht hatte und die Bundesregierung sogar gelogen hat. Denn am Donnerstag meldete dpa dann, dass die Bundesregierung „seit März keine Kriegswaffenexporte nach Israel mehr genehmigt“ habe. Dies gehe aus Antworten des Bundeswirtschaftsministeriums auf Anfragen der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hervor.
Demnach erteilte das Ampel-Kabinett seit Jahresanfang bis zum 21. August die Erlaubnis für die Lieferung von Kriegswaffen – also Gewehre, Raketen, Kriegsschiffe, Bomben oder auch Munition im Wert von 32.449 Euro. Die Genehmigungen stammen aber aus dem Januar (30.449 Euro) und Februar (2.000 Euro).
Zudem erlaubte die Ampel-Regierung seit Jahresanfang die Lieferung „sonstiger Rüstungsgüter“ im Wert von 14,42 Millionen Euro an Israel. Unter „sonstiger Rüstungsgüter“ versteht man beispielsweise Helme, Schutzwesten oder unbewaffnete Fahrzeuge.
Deutschland hat seit März keine Kriegswaffenexporte nach Israel mehr genehmigt
Die Behauptung der Bundesregierung, es gebe keinen „Rüstungsexportstopp“ nach Israel, mag also formal richtig sein, weil beispielsweise Helme weiterhin exportiert werden. In der Reuters-Meldung war aber explizit von „Kriegswaffenexporten“ die Rede – das Dementi der Bundesregierung ist also falsch.
Offenbar will die Bundesregierung mit ihrem sofortigen Dementi von dem ablenken, was die BSW-Anfrage nun faktisch zeigt: Nämlich, dass Deutschland tatsächlich seit März keine Waffen mehr nach Israel exportiert.
Bundeswirtschaftsministerium: „Jeder Antrag wird geprüft und im Einzelfall bewertet“
Auf Anfrage der Berliner Zeitung wiederholte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums zunächst, es gebe „keinen Genehmigungsstopp für Rüstungsexporte nach Israel und es wird auch keinen Stopp geben“, gab aber dann zu, dass die Bundesregierung seit März weitere Rüstungsexporte nach Israel genehmigt habe, „auch wenn in diesem Zeitraum keine Kriegswaffen darunter waren“.
Und weiter: „Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte, sowohl Kriegswaffen als auch sonstige Rüstungsgüter, entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen nach den rechtlichen und politischen Vorgaben“, so die Sprecherin. Dabei berücksichtige die Bundesregierung die Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Bei dieser Einzelfallbetrachtung werde immer die aktuelle Situation berücksichtigt, dazu gehörten sowohl die Angriffe auf Israel durch Hamas und Hisbollah als auch der Verlauf des Einsatzes in Gaza. Abschließend betonte die Sprecherin nochmals: „Es gibt keinen Rüstungsexportboykott nach Israel, jeder Antrag wird geprüft und im Einzelfall bewertet.“
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