Auf ihrer Vorstandsklausur hat die SPD den Kurs für den kommenden Wahlkampf abgesteckt. In einem Leitantrag finden sich neben Attacken auf CDU-Chef Merz vor allem klassische sozialdemokratische Positionen.
Fünf Seiten hat die Beschlussvorlage für den Parteivorstand, um die die SPD in den vergangenen Tagen ein großes Geheimnis gemacht hat. Die Partei stellt darin den Kurs auf Wahlkampf. Schon auf den ersten beiden Seiten des Textes gibt es diverse Angriffe gegen CDU, CSU und deren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz.
Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas müsse sich verbessern, stellen die Autoren fest. Wer aber glaube, diese Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten des Fachkräftemangels auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern zu können, habe die falschen wirtschaftspolitischen Konzepte. Man stelle sich gegen Lohnzurückhaltung, Sozialabbau, Rentenkürzungen oder die Privatisierung öffentlicher Infrastruktur.
Solche Konzepte, wie sie auch Friedrich Merz immer wieder präsentiere, seien der falsche Weg, heißt es weiter im Papier. Um diese Richtungsentscheidung werde es auch bei der Bundestagswahl 2025 gehen.
Die wichtigsten Punkte des SPD-Strategiepapiers
- Investitionsanreize: Unternehmen, die in Deutschland investieren, sollen weniger Steuern zahlen müssen. “Wer in Deutschland investiert, erhält steuerliche Vergünstigungen”, heißt es in dem Papier. Die Rede ist von sogenannten Superabschreibungen und Steuerprämien.
- E-Mobilität: Eine Kaufprämie soll den zuletzt schwächelnden Absatz von Elektroautos neu ankurbeln. “In Abstimmung mit Industrie und Gewerkschaften werden wir Kaufanreize prüfen, die zielgenau der deutschen Industrie helfen”, heißt es. Zudem soll es E-Auto-Quoten für Leasinganbieter geben und Steuernachlässe für E-Dienst- und Betriebswagen.
- Energiekosten: Unternehmen vor allem aus energieintensiven Branchen wie Chemie oder Glas sollen bei den Netzentgelten entlastet werden. Die SPD stellt sich damit hinter einen Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz. Es liege “ein umfangreiches Paket für dauerhaft wettbewerbsfähige Industriestrompreise auf dem Tisch, das bereits bestehende und vereinbarte Entlastungen ergänzt”.
- Steuerentlastungen: Eine grundlegende Einkommenssteuerreform soll so angelegt werden, dass es Ermäßigungen für rund 95 Prozent der Steuerzahlenden gibt, aber eine Erhöhung für das eine Prozent mit den höchsten Einkommen. “Die Steuerpflichtigen mit den allerhöchsten Einkommen können dafür etwas mehr Verantwortung übernehmen, um eine Steuersenkung für den Großteil der Menschen zu finanzieren”, heißt es in dem Papier.
- Mindestlohn: Die SPD will sich für eine “zügige und schrittweise Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro” einsetzen. Damit sollen Geringverdienende besser gestellt werden.
Zurückbesinnung auf alte Tugenden
Die Konzepte der SPD für mehr Wachstum lesen sich klassisch sozialdemokratisch: Mehr öffentliche Investitionen in Infrastruktur und Bildung. Ein modernes Land brauche leistungsfähige Verkehrswege, mit sanierten Straßen, Schienen und Brücken, es brauche moderne digitale Netze und eine leistungsfähige Energieinfrastruktur. Außerdem gut ausgestattete, moderne Kitas, Schulen und Universitäten. Die SPD werde dafür sorgen, dass der Wandel die Gesellschaft nicht in neue Gewinner und Verlierer spalte.
Das notwendige Geld will die SPD auch durch neue Schulden generieren. Man wolle die bestehenden Möglichkeiten im Rahmen der Schuldenregel stärker nutzen. Dafür solle zum Beispiel das bereits jetzt eingesetzte Mittel der finanziellen Transaktionen genutzt werden.
Ein bisschen weniger Schuldenbremse
Dabei nimmt der Staat Schulden auf, für die er einen Gegenwert bekommt – zum Beispiel durch eine Kapitalerhöhung bei der Bahn oder das geplante Generationenkapital, das die steigenden Rentenbeiträge etwas dämpfen soll. Eine Abschaffung der Schuldenbremse fordert die SPD nicht. Stattdessen strebe man eine “zielführende Reform der Schuldenregel an”.
Im Papier wird deutlich, wie sich die SPD im Wahlkampf inszenieren will: Als Arbeitnehmerpartei, die für steuerliche Entlastungen bei “der großen Mehrheit der Steuerzahlenden” sorgen will. Dafür brauche es eine grundlegende Reform der Einkommenssteuer, die nur die höchsten ein Prozent der Einkommen “etwas stärker in die Verantwortung” nehme.
Eine solche Reform solle den Menschen mehr finanziellen Spielraum geben und dadurch die Kaufkraft stärken. Damit werde die Wirtschaft “von unten und aus der Mitte der Gesellschaft” angekurbelt.
Klare Worte an die FDP
Im ersten Teil des Leitantrages eröffnet die Partei den Wahlkampf gegen CDU, CSU und Friedrich Merz. Im zweiten Teil stehen Botschaften an die aktuellen Koalitionspartner, insbesondere die FDP. Die deutsche Wirtschaft brauche Planungssicherheit “damit sich neue Technologien durchsetzen”.
Diskussionen, die zum Beispiel den eingeschlagenen Weg zur E-Mobilität in Frage stellten, “gefährden die Akzeptanz von E-Autos in der Bevölkerung, schüren Unsicherheiten bei Investoren und werfen Deutschland im internationalen Wettbewerb weiter zurück” – eine klare Spitze gegen die FDP und ihren Kampf für den Verbrennermotor.
Rentenpaket nicht verhandelbar
Und noch mehr Botschaften an die Liberalen stecken im Text. Man habe im Bundestagswahlkampf 2021 eine langfristige Stabilisierung des Rentenniveaus versprochen. Ohne diese Stabilisierung werde das Rentenniveau für Millionen Menschen rapide sinken. Das sei nicht generationengerecht.
Das Rentenpaket der Ampel sei in der Bundesregierung ausverhandelt und vom Kabinett beschlossen worden. Es gebe keinen Grund mehr, den parlamentarischen Beschluss im Bundestag zu verzögern oder zu blockieren.
Zurzeit liegt das Rentenpaket der Ampel-Regierung im Bundestag auf Eis. SPD und FDP können sich bisher nicht auf einen gemeinsamen parlamentarischen Vorschlag einigen. In allen Ampelparteien wird spekuliert, dass die Koalition an der Rentenfrage zerbrechen könnte.
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