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Vertreter des Europarats haben Möglichkeiten erörtert, um Russland für seinen Angriffskrieg zur Verantwortung zu ziehen. Das ukrainische Parlament hat Andrij Sybiha als neuen Außenminister eingesetzt. Alle Entwicklungen im Liveblog.
Die Ukraine hat bei ihrer Kursk-Offensive gegen Russland “eine Menge” erreicht, aber es ist schwer zu sagen, wie sich die Situation weiter entwickeln wird, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor Reportern in Oslo. “Nur die Ukrainer können die schwierigen Entscheidungen treffen, die notwendig sind, z. B. wo sie ihre Kräfte einsetzen und welche Art der Kriegsführung in dieser Situation angemessen ist”, sagte Stoltenberg.
Die russischen Streitkräfte sind im Osten der Ukraine auf dem Vormarsch, während die ukrainischen Truppen seit dem 6. August einen Vorstoß in die russische Region Kursk unternommen haben, den größten ausländischen Angriff auf Russland seit dem Zweiten Weltkrieg.
Bei einer Konferenz in Litauen haben Justizminister und Vertreter der Mitgliedsstaaten des Europarats Möglichkeiten erörtert, um Russland für den Angriffskrieg auf die Ukraine zur Verantwortung zu ziehen. Bei dem informellen Treffen in der Hauptstadt Vilnius ging es auch um die mögliche Einrichtung eines Sondergerichts.
Die Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejčinović Burić, dämpfte dabei die Hoffnungen auf eine schnelle Einrichtung eines Tribunals. “Was auch immer wir als Lösung finden, es muss juristisch fundiert sein, und deshalb dauert es leider länger”, sagte sie am Rande der Konferenz. Der Prozess brauche auch deshalb Zeit, weil das Tribunal auch ein Beispiel für die Zukunft setzen soll.
“Wenn wir über das Sondergericht reden, ist die einzige Antwort nicht eine regionale, sondern eine internationale Lösung. Es geht darum, wie wir sicherstellen können, dass das Völkerrecht funktioniert”, sagte die gastgebende litauische Justizministerin Ewelina Dobrowolska. Litauen und seine Nachbarn Estland und Lettland haben wiederholt dazu aufgerufen, ein internationales Sondertribunal wegen Russlands Angriffskrieg einzurichten.
Die Niederlande haben angesichts des Ukraine-Kriegs eine deutliche Aufstockung der Verteidigungsausgaben angekündigt. Mit milliardenschweren zusätzlichen Investitionen solle auch die Nato besser gegen eine “rücksichtslose russische Aggression” gewappnet werden, teilte die niederländische Regierung mit. Demnach wird das Verteidigungsbudget um 2,4 Milliarden Euro auf 24 Milliarden Euro erhöht.
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums soll es neben gepanzerten Fahrzeugen für die Landstreitkräfte auch zusätzliche F-35-Mehrzweckkampfflugzeuge für die Luftwaffe des Landes sowie “zusätzliche Fregatten für die U-Boot-Abwehr” der niederländischen Marine geben. 260 Millionen Euro der zusätzlichen Mittel sollen zudem für Rekrutierung und Ausbildung verwendet werden.
“Die rücksichtslose russische Aggression in der Ukraine zeigt, dass ein Angriff auf das Nato-Bündnis nicht mehr undenkbar ist”, erklärte Verteidigungsminister Ruben Brekelmans. Die Erhöhung der Rüstungsausgaben sei ein “wichtiger Schritt”, um einen solchen Angriff zu verhindern.
Kremlchef Wladimir Putin hat Moskaus Bereitschaft zur Fortsetzung des Transits russischen Gases durch die Ukraine nach Europa bekräftigt. “Denn wir und der Konzern Gazprom wollen unsere Verpflichtungen gegenüber unseren Klienten erfüllen, mit denen es langfristige Verträge gibt”, sagte der russische Präsident auf einer Plenarsitzung beim Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok am Pazifik.
Der Transitvertrag ende aber zum Jahreswechsel und Russland könne die Ukraine nicht zur Verlängerung zwingen. Die Europäer wiederum, die Einfluss auf Kiew hätten, zeigten wenig Interesse, Druck auszuüben, sagte Putin. Daneben beklagte er, dass Polen die Pipeline Jamal – Europa geschlossen habe und Deutschland die durch die Ostsee führende Gasleitung Nord Stream 2 nicht anschließe.
Tatsächlich hat Russland im Mai 2022 die Gaslieferungen durch die Leitung Jamal – Europa selbst komplett eingestellt. Begründet wurde dies damals damit, dass Polen sich weigerte, Gaszahlungen in Rubel umzustellen.
14:56 Uhr
Olha Stefanishyna als stellvertretenden Ministerpräsidentin für europäische Integration bestätigt
Das ukrainische Parlament hat Olha Stefanishyna erneut zur stellvertretenden Ministerpräsidentin für europäische Integration ernannt. Sie hatte den Posten bereits seit 2020 inne. Zusätzlich wurde sie zur Justizministerin ernannt, so die Gesetzgeber.
Das Parlament befürwortete auch die Ernennung des stellvertretenden Leiters des Präsidialamtes Oleksij Kuleba zum stellvertretenden Ministerpräsidenten für Restauration und Regionalpolitik.
Derzeit fliehen nach Angaben von Caritas international rund 100.000 Ukrainerinnen und Ukrainer aus der ostukrainischen Region um die Stadt Pokrowsk. Die russische Armee rücke vor, die Front nur noch wenige Kilometer von der Stadtgrenze entfernt, erklärte die NGO in Freiburg.
Die meisten Flüchtlinge versuchten in der zentralukrainischen Stadt Dnipro Aufnahme zu finden, so die Caritas. Im Vergleich zum Juli habe sich die Zahl der fliehenden und evakuierten Menschen verdreifacht.
Das ukrainische Parlament dessen bisherigen Stellvertreter Andrij Sybiha als neuen Chefdiplomaten des Landes eingesetzt. Für die von Präsident Wolodymyr Selenskyj eingereichte Kandidatur stimmten örtlichen Medien zufolge 258 Abgeordnete. 226 Stimmen wären notwendig gewesen. Von dem 49-Jährigen wird vor allem erwartet, dass er im Westen noch mehr Unterstützung für die Verteidigung gegen die russischen Angreifer einwirbt.
Sybiha arbeitete unter Kuleba bereits seit April als Vize im Außenministerium. Davor war er seit 2021 als Stellvertreter von Büroleiter Andrij Jermak im Präsidentenbüro im internationalen Bereich tätig gewesen. Von 2016 bis 2021 war der Jurist zudem ukrainischer Botschafter in der Türkei. Nach seinem Studium der internationalen Beziehungen trat er bereits 1997 in den diplomatischen Dienst seines Heimatlandes ein.
Angesichts der näher rückenden russischen Truppen hat die Ukraine Evakuierungen mit dem Zug aus der frontnahen Stadt Pokrowsk im Osten des Landes eingestellt. “Jetzt ist die Abfahrtsstation wegen der erschwerten Sicherheitssituation Pawlohrad im Gebiet Dnipropetrowsk”, teilte der Gouverneur des Gebiets Donezk, Wadym Filaschkin, bei Telegram mit. Die örtlichen Behörden hätten nun die Aufgabe, für Flüchtlinge Busverbindungen zum Bahnhof von Pawlohrad einzurichten. Pawlohrad liegt gut 90 Kilometer westlich von Pokrowsk.
In Pokrowsk sollen Behördenangaben nach noch gut 30.000 Menschen ausharren. Vor dem Krieg hatte die Stadt noch mehr als 70.000 Einwohner. Die Frontlinie verläuft dabei nur etwa neun Kilometer südöstlich der Bergarbeiterstadt.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hat das Parlament gebeten, den ersten stellvertretenden Außenminister Andrii Sybiha als neuen Außenminister der Ukraine zu bestätigen. Der 49 Jahre alte Diplomat war bis April noch stellvertretender Leiter des Präsidentenbüros, überwachte die Außenpolitik und strategische Partnerschaften. Analysten gehen davon aus, dass sich die Außenpolitik der Ukraine nicht ändern wird.
Sybiha folgt auf Dmitri Kuleba, der das Ministerium seit 2020 geleitet hatte. Die Entlassung Kulebas ist Teil eines Regierungsumbaus in der Ukraine. Insgesamt sollen etwa die Hälfte der Ministerposten neu besetzt und auch einige Ressortzuschnitte geändert werden, hieß es in Kiew.
Im Juni 2023 wurde der Kachowka-Staudamm im Südosten der Ukraine zerstört. Langsam erobert sich die Natur das Gebiet nun zurück. Doch was gut für die Natur ist, bereitet den Anwohnern Probleme. Sie sind nun auf eine Wasserversorgung von außerhalb angewiesen.
Das ukrainische Parlament hat das Rücktrittsgesuch von Außenminister Dmytro Kuleba gebilligt. Das teilte ein Abgeordneter mit. Der Rücktritt von Kuleba ist Teil des größten Umbaus des Kabinetts seit Beginn des russischen Angriffs. Präsident Wolodymyr Selenskyj begründete die Umbildung damit, dass das Land “neue Energie” brauche.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sinkende Einnahmen aus Gas-Exporten angekündigt. Er verwies darauf, dass Ende des Jahres die Transit-Abkommen für Gaslieferungen an europäische Abnehmer über Pipelines in der Ukraine auslaufen. Man könne die Ukraine nicht zur Verlängerung der Abkommen zwingen.
Als Ersatz werde der Export in andere Länder gesteigert, kündigte der Präsident an. Er stellte steigende Ausfuhren in die Türkei in Aussicht und erklärte, der Iran habe Interesse an einer Ausweitung der Gas-Importe angemeldet.
Die ukrainische Luftwaffe erklärt, während der Nacht 60 der 78 von Russland gestarteten Drohnen abgeschossen zu haben. Russland habe auch eine Iskander-M-Rakete eingesetzt, teilte die Luftwaffe über den Kurznachrichten-Dienst Telegram mit. Ob auch die Rakete abgefangen wurde, blieb bislang offen.
Russland ist nach Angaben von Präsident Wladimir Putin zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit. “Wir haben uns nie geweigert”, sagte Putin bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. Ähnlich äußerte er sich bereits in einem Interview im Februar.
Als Gesprächsgrundlage nannte Putin die Ergebnisse der Verhandlungen vom Frühjahr 2022 in Istanbul. Strittige Punkte waren damals unter anderem die Forderungen Russlands zur annektierten Halbinsel Krim und auch, wie mit der russisch-ukrainischen Grenze mit Blick auf die Ostukraine verfahren werden sollte.
Die Hilfsorganisation CARE befürchtet eine weitere Verschärfung der humanitären Krise in der Ukraine. “Seit Anfang September häufen sich die täglichen Angriffe auf die zivile Infrastruktur der Ukraine, die erhebliche Schäden verursachen, Zivilistinnen und Zivilisten töten und verletzten“, sagte Franziska Jörns, stellvertretende CARE-Länderdirektorin in der Ukraine in einer Mitteilung.
Infolge des Beschusses in Lwiw seien 45 Menschen in Krankenhäuser eingeliefert worden. Sieben Menschen verloren ihr Leben. Mehr als siebzig Wohngebäude seien schwer beschädigt worden, so Jörns weiter. Auch Charkiw, Krywyj Rih, Poltawa, Saporischschja, Mykolajiw, Kyjiw, Dnipro und andere Städte seien täglichem Beschuss ausgesetzt. Laut Jörns bestehe die Gefahr, dass durch die Zerstörung wichtiger Infrastrukturen Gemeinden keinen Zugang zu Wärme, Strom und sauberem Wasser mehr haben. Das erhöhe die Risiken für die schwächsten Bevölkerungsgruppen.
Die russische Regierung hat die neuen US-Sanktionen gegen seinen staatlich finanzierten Sender RT als Teil einer von den USA inszenierten “Informationskampagne” vor der Präsidentschaftswahl im November kritisiert. “Es ist eine offensichtliche Aktion, eine Informationskampagne”, sagte Außenministeriumssprecherin Maria Sacharowa der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Diese sei “lange vorbereitet” worden und “notwendig” angesichts des Endspurts im Wahlkampf. Die russische Regierung bereite “natürlich” eine Reaktion auf den Schritt vor, sagte Sacharowa. Diese werde scharf ausfallen und “jeden erzittern” lassen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird einem Medienbericht zufolge am Freitag persönlich bei dem Treffen der sogenannten Ramstein-Kontaktgruppe in Deutschland erwartet. Er wolle bei dem Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein um weitere Waffenlieferungen werben, berichtet das Nachrichtenmagazin “Spiegel”. Es gehe insbesondere um Raketen mit längerer Reichweite und mehr Flugabwehr.
Friedensgespräche mit der Ukraine sind nach Ansicht Russlands derzeit nicht angebracht. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben, zitiert die Nachrichtenagentur RIA den Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow. Peskow sagt der Agentur Tass zufolge zudem, dass in Russland nicht über eine weitere Mobilmachung diskutiert werde.
In der Ukraine sind nach russischen Angaben ausländische Militärausbilder im Einsatz. Die aus verschiedenen Ländern stammenden Ausbilder nähmen auch an Militäraktionen der ukrainischen Streitkräfte teil, berichtet die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf den Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow. Russland werde seinen Militäreinsatz in der Ukraine fortsetzen, bis alle Ziele erreicht seien. Die USA und Europa hätten kein Interesse an einer diplomatischen Lösung.
Der Chef der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA), Rafael Grossi, hat von schweren Schäden an einem Kühlturm des von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja berichtet. “Bis jetzt konnten wir noch nicht so weit in den Turm vordringen, um die Schäden besser beurteilen zu können”, sagte Grossi in einem Video auf der Nachrichtenplattform X, in dem er die Schäden im Inneren des Kühlturms begutachtet. Er gehe davon aus, dass der Turm abgerissen werden müsse.
Der Kühlturm war im vergangenen Monat bei einem Brand beschädigt worden, für den sich Russland und die Ukraine gegenseitig verantwortlich machen. Das größte Atomkraftwerk Europas steht seit der russischen Invasion im Februar 2022 unter russischer Kontrolle. Es ist derzeit heruntergefahren, benötigt aber externe Stromversorgung zur Kühlung des Atommaterials.
Bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj am Dienstag bezeichnete Grossi die Situation in Saporischschja als “sehr fragil”. Inspektoren der IAEA sind seit Mitte 2022 in der Anlage stationiert.
Russische Streitkräfte haben ukrainischen Angaben zufolge ein Wohngebiet in der ostukrainischen Stadt Kostjantyniwka beschossen. Bei dem Angriff wurde eine Person getötet und drei weitere verletzt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte. Nach Angaben der Ermittler in der Region Donezk wurde ein Mehrfachraketenwerfer eingesetzt.
Kostjantyniwka gilt als wichtiges Ziel für die russischen Streitkräfte, die langsam durch die Region Donezk nach Westen vorrücken. Die Stadt liegt nordöstlich von Pokrowsk, dem am heftigsten umkämpften Gebiet im östlichen Teil der 1.000 Kilometer langen Frontlinie.
Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
IAEA-Chef Grossi hat das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja besucht. Bundeskanzler Scholz sagt der Ukraine weitere Flugabwehrsysteme vom Typ IRIS-T zu.
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